Umweltschutz mit Zertifikaten?

Rund 10 Millionen Haushalte und Gewerbetreibende beziehen in Deutschland nach aktuellen Angaben Ökostrom – zumindest glauben Sie das.

Denn leider ist sogenannter Ökostrom nur selten echter Ökostrom.

Der Gesetzgeber hat ein System installiert, das auf Herkunftsnachweise setzt.

„Wir nennen das eine politisch zugelassene Verbrauchertäuschung“, erklärt Winfried Gödde, Geschäftsführer des Stromversorgers WestfalenWIND Strom aus Lichtenau.

Das kritisierte System funktioniert so: Stromversorger kaufen ihre Strommengen an der Börse ein, dabei handelt es sich im Regelfall um den bundesdeutschen Mix aus Kohle-, Atom- und Erneuerbarem Strom. Damit sie diesen Strom als 100 % Ökostrom weiterverkaufen dürfen, müssen sie sogenannte Herkunftsnachweise vorlegen. Die sollen belegen, dass eine bestimmte Menge an Kilowattstunden ursprünglich aus erneuerbaren Energien stammt. Sehr häufig werden solche Papierzertifikate in Norwegen für Wasserkraftstrom eingekauft. Für eine durchschnittliche jährliche Haushaltsstrom-Menge von 3500 Kilowattstunden kostet ein solcher Herkunftsnachweis im Jahresmittel gerade einmal 3,50 Euro.

„Graustrom wird so in Grünstrom reingewaschen. Dabei fließt dieser Strom aber überhaupt nicht zu uns, es wird lediglich ein Papier gehandelt. Und dieses komplizierte System ist für Verbraucher kaum nachvollziehbar“, ärgert sich Gödde.

Auch Verbraucherschützer kritisieren diese Herkunftsnachweise immer wieder heftig. Einen ökologischen Nutzen gebe es nicht, weil in Deutschland dadurch keine zusätzliche Erneuerbaren-Anlagen gebaut werde. „Solange der Handel mit Herkunftsnachweisen keine unmittelbaren Ausbauimpulse für erneuerbare Energien bewirkt, sondern vor allem alte Wasserkraft vergoldet, kommt die Ökostrombranche jedes Mal in Erklärungsnot, wenn sie aufzeigen soll, was an ihrem Strom eigentlich so öko ist“, sagt Udo Sieverding, Bereichsleiter Energie bei der Verbraucherzentrale NRW.

Der Lichtenauer Stromversorger WestfalenWIND Strom ist von dem System sogar doppelt betroffen: „Obwohl wir mit eigenen Windkraftanlagen echten Ökostrom im Kreis Paderborn erzeugen, dürfen wir ihn nicht Ökostrom nennen. Schummel-Zertifikate kaufen wir aus Prinzip aber nicht“, erklärt Gödde.