Während der Ausbau von Photovoltaik-Freiflächenanlagen in NRW nur schwer in Gang kommt, hat die WestfalenWIND-Gruppe im Kreis Paderborn jetzt ein Vorzeigeprojekt umgesetzt.

Auf einer Schotterfläche (Kranstellfläche) vor einer Windkraftanlage bei Lichtenau hat die Photovoltaik-Sparte WestfalenWIND PV GmbH & Co. KG eine knapp 100 kW große Solarstromanlage in Betrieb genommen.

„Das ist eine klassische Win-Win-Situation“, erzählt Michael Obst, Geschäftsführer der WestfalenWIND GmbH. „Wir nutzen eine ansonsten wertlose, versiegelte Fläche und die vorhandene technische Infrastruktur und gewinnen so kostengünstigen Betriebsstrom für unsere Windkraftanlagen. Die erzeugen sich den notwendigen Strom normalerweise selbst oder beziehen ihn bei Stillstand aus dem Netz“, so Obst. Das werde jetzt vermieden.

Etwa 85.000 Kilowattstunden Strom soll die PV-Anlage jedes Jahr liefern, bilanziell kann damit der Mindest-Eigenbedarf von zwei Windkraftanlagen gedeckt werden. Etwa die Hälfte der geschotterten Kranstellfläche wurde bebaut, es bleibt genügend Platz für Service- Fahrzeuge und Rettungswege. „Sollte doch mal der ganz große Kran für eine Reparatur anrücken müssen, haben wir die PV-Anlage in kürzester Zeit beiseite geräumt,“ berichtet Daniel Saage, der die Solarsparte von WestfalenWIND managt. Dafür habe man eigens ein spezielles Untergestell verwendet, was in der Schweiz entwickelt wurde und sich zum mehrmaligen Auf- und Abbau besonders eignet.

„Mit der Nutzung solcher Schotterflächen entschärfen wir den Druck zur Nutzung von Ackerflächen, was bei Landwirten häufig Diskussionen auslöst,“ so Saage. Er schätzt das Potenzial allein im Kreis Paderborn für Kranstellflächen-PV auf mindestens 5 MW, wenn jede 10. Kranstellfläche bebaut werde. Nicht jeder Platz sei wegen möglicher Verschattung durch Bäume oder die Windkraftanlagen selbst geeignet. NRW-weit könnten so möglicherweise am Fuße von Windrädern 60 Megawatt Photovoltaik zugebaut werden. Zum Vergleich: Landesweit gibt es erst 250 MW Freiflächen PV.

So einfach wie die Idee ist, so heftig wurde sie zunächst vom Kreis Paderborn abgelehnt. Die Genehmigungsbehörde sah große Probleme: So führe die Anlage zu einer „Verunstaltung des Landschaftsbildes“, man sehe eine „voluminöse Bebauung im Außenbereich, die an ein Bauklotzsystem erinnere“, das Ganze sein in “ästhetischer Hinsicht grob unangemessen“. (Zitate aus Schreiben des Kreises Paderborn vom 04.09.2019)

Fakt ist dagegen: Die Kranstellflächen-PV-Anlage ist völlig anders als bekannte Freiflächenanlagen aufgebaut. Das Gestell erhebt sich nur etwa 35 Zentimeter über der Schotterfläche und ist meist vom nächsten Feldweg aus schon nicht mehr zu erkennen, wenn Getreide oder Raps sich entwickelt haben.

Erst ein von WestfalenWIND aufgesetztes Schreiben, das der LEE (Landesverband Erneuerbare Energien NRW e.V.) an NRW-Wirtschaftsminister Pinkwart und Bauministerin Scharrenbach schickte, sorgte für den Durchbruch. Pinkwart und Scharrenbach hielten das Vorhaben für sinnvoll und auch baurechtlich möglich. Erst daraufhin lenkte die Kreisverwaltung Paderborn ein. Nach 10 Monaten gab es endlich die ersehnte Baugenehmigung.

Der Ausbau soll jetzt Stück für Stück weitergehen: Eine zweite Kranstellflächen-PV-Anlage bei Lichtenau ist bereits beantragt.

WestfalenWIND PV kämpft jetzt noch mit anderen bürokratischen Vorgaben. So ist sich das mittelständische Unternehmen mit dem Netzbetreiber Westfalen Weser Netz in mehreren Punkten noch nicht einig. Es geht um die Frage eines pragmatischen Messkonzeptes und die Erfüllung vermeintlich notwendiger technischer Vorgaben wie Zertifizierungen. „Wir werden aber auch hier nicht lockerlassen,“ so Johannes Lackmann, Mitgründer der WestfalenWIND-Gruppe.

„Ohne einen langen Atem wäre die Energiewende im Kreis Paderborn, aber auch bundesweit, generell nicht so weit fortgeschritten.“