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Gauseköte-Urteil wirkt bis in Bundes- und Landesplanung: Rechtsanwalt von WestfalenWIND ordnet Aussagen ein

Das umfassende Urteil des Oberverwaltungsgerichts in Münster zum geplanten Windpark Gauseköte liegt jetzt vor. Auf 120 Seiten machen die Richter noch einmal dezidiert deutlich, dass sieben der insgesamt 13 geplanten Anlagen weder die Luftsicherheit noch die Landesverteidigung gefährden würden. Eben dies hatte u.a. der Kreis Lippe aber mit großem Nachdruck behauptet. Weitere sechs Anlagen, die von WestfalenWIND beantragt wurden, sind unzulässig, weil sie in einer Flugbeschränkungszone liegen.

Ein Aspekt der Urteilsbegründung könnte für die Landesregierung zum Problem werden: Der Kreis Lippe hatte bei der Urteilsverkündung im Februar argumentiert, dass ein positives Urteil des OVG bezüglich der geplanten Anlagen nutzlos sei, da die künftige Regionalplanung Windenergieanlagen auf Waldflächen ohnehin ausschließen werde. In der Überbrückungsphase bis zum Inkrafttreten des Regionalplan gelte der sogenannte Lenkungserlass der Landesregierung aus dem vergangenen Jahr. Er besagt, dass Windenergieprojekte, die dem zukünftigen Regionalplan entgegenstehen könnten, bis zu dessen Inkrafttreten auf Eis gelegt werden können. Der dann gültige Regionalplan hätte das Vorhaben endgültig verhindert, so offenbar die Einschätzung des Kreises Lippe. Dieser Argumentation hat der Richter jetzt einen Strich durch die Rechnung gemacht.

In der Urteilsbegründung wird ausdrücklich stellt das OVG ausdrücklich fest, dass ein Ausschluss von Plänen in einer Übergangsphase nach neuem Recht gar nicht zulässig ist. Rechtsanwalt Franz-Josef Tigges, der den Windpark-Planer WestfalenWIND vor Gericht vertreten hat, geht davon aus, dass der damit gerade beschlossene Landesentwicklungsplan jetzt schon in Teilen rechtswidrig ist. Denn darauf fußt der fragliche Lenkungserlass. Tigges misst der Entscheidung des Richters eine bundesweite Bedeutung zu: Für die Genehmigungspraxis habe das zur Folge, dass es Genehmigungsbehörden verwehrt sein dürfte, im Vorgriff auf erst in Zukunft zu erwartende Regionalpläne aktuell Windenergievorhaben zu blockieren. „Sind die Genehmigungen erst einmal erteilt, können später in Kraft tretende Regionalpläne daran nichts mehr ändern“, so Tigges.

NRW-Pläne zur Windenergie schlimmer als befürchtet

Unter dem Feigenblatt vermeintlicher Akzeptanzsicherung plant die NRW-Landesregierung den Ausbaustopp der Windenergie. Illusorische Annahmen und realitätsferne Utopien in offiziellen Berechnungen sollen darüber hinwegtäuschen, dass die geplanten Abstandsregeln das Aus für den notwendigen Windzubau bedeuten. Doch ohne Windenergie kann NRW kein Energieland bleiben.
Der gestern veröffentlichte Zwischenbericht der Landesregierung über die Potenziale der Windenergie in NRW offenbart eine massive Einschränkung der Windenergie in Nordrhein-Westfalen. Unter den geplanten Abstandsregeln zwischen Windenergieanlagen und Wohnbebauung bliebe nicht annähernd genügend Fläche übrig, um die Klimaschutzziele zu erreichen.
Die Landesregierung legt ihren Berechnungen theoretische Annahmen zugrunde, die mit der genehmigungsrechtlichen Praxis nicht vereinbar sind. So werden topographische Begebenheiten gar nicht berücksichtigt und bspw. zu Flughäfen, Gewässern oder Autobahnen Abstände angenommen, die in der heutigen Genehmigungspraxis allesamt nicht zulässig sind.
Der Bericht suggeriert dabei, die Landesregierung erreiche ihre eigenen Ziele, während aus realistischer Perspektive absehbar ist, dass die getroffenen Annahmen diese Schlussfolgerung nicht zulassen. Stattdessen errechnet das LANUV in seinem deutlich realitätsnäheren sogenannten „Restriktionsszenario“ eine Potenzialfläche von gerade mal 0,22 Prozent der Landesfläche. Selbst dabei sind die Annahmen im Vergleich der aktuellen Genehmigungspraxis noch zu optimistisch gewählt. Das Potenzial des „Leitszenarios“ ist aufgrund völlig realitätsferner Annahmen erst recht nicht erreichbar und die dort skizzierte Flächenkulisse allenfalls Schönfärberei. Zum Vergleich: Für das Erreichen der Klimaziele wären 2 Prozent der Landesfläche für die Windenergie notwendig.
Zudem offenbaren beide von der Landesregierung vorgelegte Szenarien, dass das dringend benötigte Repowering – also der Austausch ausgedienter Anlagen durch moderne und leistungsstärkere – unter den geplanten Abstandsregeln kaum mehr möglich wäre, trotz anderslautender Versprechungen der Landesregierung. Obwohl sie an längst etablierten und breit akzeptierten Standorten stehen, würden so zahlreiche Windenergieanlagen mittelfristig verloren gehen.
Da auch die übrige Flächenkulisse stark eingeschränkt werden soll, ist absehbar, dass nicht genügend Windenergie zugebaut werden kann, um bis 2030 eine nennenswerte Steigerung der Windleistung zu erreichen. Stattdessen steht ein Rückbau an. Die LANUV-Gutachter schlussfolgern selbst, dass außerhalb der Eifel und dem Paderborner Raum praktisch kein Ausbau mehr stattfinden könnte. Angesichts des fortschreitenden Kohleausstiegs und dem steigenden Bedarf nach mehr klimafreundlicher Energie entsteht so eine Ökostromverknappung, die sowohl den Klimaschutz als auch den Industrie- und Energiestandort NRW langfristig gefährdet.
Reiner Priggen, Vorsitzender des Landesverbandes Erneuerbare Energien NRW (LEE NRW): „Dieser Zwischenbericht übertrifft unsere schlimmsten Befürchtungen. Mit keinem der berechneten Szenarien lassen sich die Klimaziele erreichen. Realistisch bleibt nur ein Zehntel der benötigten Fläche übrig. Und woher der Strom für die Industrie in Zukunft kommen soll, bleibt ebenfalls ein Rätsel. Dass die Landesregierung mit realitätsfernen Annahmen rechnen lässt, ist ein schlechter Scherz und ein Schlag ins Gesicht für den demokratischen Prozess. Im Hinblick auf die Ziele der Energieversorgungsstrategie ist das Ganze eine reine Luftnummer.“